Die Jungs von der Waterkant sangen schon in der Berliner Philharmonie, in Cornwall und Chicago, sie hatten Auftritte in Wien und Weimar, wurden in Dänemark, Tschechien und Polen bejubelt – und jetzt auch zum ersten Mal in Schwetzingen. Der vor über 50 Jahren gegründete Shanty-Chor Cuxhaven gastierte mit seiner Bühnenshow „Rote Laterne“ im mit 350 Besuchern vollbesetzten Lutherhaus.
Das abwechslungsreiche Programm bekannter Seemannslieder, klassischer Shantys, echter Bordarbeitslieder sowie internationaler Seefahrt-Songs kam bestens an bei den vielen Fans, unter ihnen der Shanty-Chor Mannheim, Marinekameradschaft Hockenheim und Mannheimer Neckarmöwen. Die "Rote Laterne" war bis letztes Jahr insgesamt 320 Mal in Cuxhaven aufgeführt worden, jetzt ging eine allerletzte Vorstellung mit Geschichten und Liedern aus der verruchten Hafenkneipe hier über die Bühne. Die Reise vom Rotlichtviertel über die Weltmeere begann mit dem Song "Hey Boys, setzt die Segel", bei dem gleich kräftig mitgeschunkelt wurde. "Ich liebe die Nordsee, die Wellen und den Strand" - das nahm man dem musikalischen Aushängeschild der Stadt Cuxhaven unter der Leitung von Udo Brozio am Schifferklavier und an der Gitarre gerne ab.
Die "Blauen Jungs" mit eigener Messe-Kneipe am Alten Fischereihafen legten sich voll in die Taue. "Die Insel Niemandsland", einst von Freddy gesungen sowie die "Pearly Shells" von Hawaii führten das Publikum an ferne Gestade, ebenso wie "Way down the Ohio" und "Unter fremden Sternen". In der Hafenspelunke gab es dann Ärger, ausgelöst von Seemann Teetsche Plein. Das war aber bald beigelegt, sowas passiert auf St. Pauli schon mal "und man denkt sich nichts dabei", sangen alle. Das "Ave Maria der Meere" stieg zum Himmel empor und zauberte eine wunderschöne Stimmung in den Saal.
Jens Papendick kam für seine Witze sogar runter ins Publikum. Der Hamburger Gruß "Hummel Hummel - Mors Mors" war der lautstarke Lohn für seine Solo-Partie. Nach der "Reise ohne Wiederkehr" von Freddy kamen die Jungs glücklicherweise doch noch einmal aus der Pause zurück. Ganz klar: "Hoch im Norden weht ein rauer Wind". Das zeigte sich dann bei der Äquatortaufe. Meeresgott Neptun, der Herrscher aller Wassergeister, marschierte ein, im Schlepptau Astronom, Magister und Barbier. Täuflinge wurden auserkoren. Christa und Jürgen Krause mussten ran. Das Ehepaar aus Brühl hatte dafür gesorgt, dass die Nordlichter vom Shanty-Chor Cuxhaven zum Auftritt in den Süden gekommen waren. Krause, gebürtiger Cuxhavener und mit seinen Eltern vor vielen Jahren
nach Mannheim gezogen, hatte so diesen Volltreffer für die Freunde von Seemannsliedern gelandet.
Der Chor erfreute sich schon seit Dienstag an der Kurpfalz. Der Spanferkelhof Helmling, das Heidelberger Schloss, Ruppertsberg in der Pfalz, die Rennstadt Hockenheim und der Schwetzinger Schlossgarten standen auf dem Programm. Neben dem Ehepaar Krause mussten auch noch Silvia Martin-Troyano und Manfred Kellner vom Staub des Binnenlandes befreit werden. Das Kandidaten-Quartett wurde kräftig eingeseift, mit dem großen Messer rasiert und als "Seestern", "Seerose" und "Seehecht", sowie Jürgen als "Zitteraal" in die Gemeinschaft der Seeleute aufgenommen. Chor und Publikum sangen dazu den "Hamborger Veermaster" und "Wir lagen vor Madagaskar". Nach dem Prosit mit Kurzen wurde gemütlich zu den "Nordseewellen" geschunkelt. "La Paloma" folgte, das Lied von der weißen Taube war gefühlvoll bei Dämmerlicht zu hören.
Chorleiter Udo Brozio begrüßte noch Gäste aus Schifferstadt, die sonst immer nach Cuxhaven kommen. Der traurige Jens meldete sich mit wenig zimperlichen Witzen zurück und einige Fragen zu den Seefahrern James Cook und Magellan ernteten viele Lachsalven. Die fulminante Show zeigte: "Shantymen" sind auch "very good, very good for Hollywood".
Der Shanty-Chor Cuxhaven, der schon in fast jedem Hafen war, will vielleicht nächstes Jahr wiederkommen. Die Fans hätten sicher nichts dagegen. Zum Abschied gab es stehende Ovationen an die Jungs aus dem Norden - und von denen zurück zum Publikum, als Jürgen Krause ein Fässchen "Rum" auf die Bühne brachte. Nach zweieinhalb Stunden buntem Programm erklang zum krönenden Abschluss noch der Hans-Albers-Klassiker "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" durch die lauschige Nacht im Lutherhaus.
Schwetzinger Zeitung | Volker Widdrat | 11.05.2019
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